Nun ist unsere Website also fast fertig, und bevor wir sie aufschalten, soll ich einen ersten Blog verfassen. Ja, wie fängt man denn da an? Wohl am besten damit, dass man sich einmal überlegt, warum wir denn nun hier stehen, wo wir eben stehen. Wie kommt es, dass die Stimme in meinem Leben ein so zentrales Thema ist. Das ist vermutlich kein Zufall.
Meine Eltern haben sich im Theaterverein der Universität Zürich kennengelernt. Der Vater, der schon länger dabei war, hat laut Erzählungen der Mutter auf grossspuriga Art die neu dazugekommenen jungen Damen herumkommandiert. Sie hat sich dann später schon zu wehren gelernt und hat der kleinen und dann der grösseren Tochter vorgelebt, dass eine Frau mit Selbstverständlichkeit Verantwortung übernehmen und im Berufsleben stehen kann. Die Eltern waren Germanisten, und die Sprache, das Sprechen hatten eine grosse Bedeutung. Der Vater war viele Jahre im Zürcher Kammersprechchor. Namen wie Ellen Widman oder Vladimir Vogel waren mir als Kind geläufig, und dass man die Buchstaben und Wörter anständig auszusprechen habe eine Selbstverständlichkeit. Der Bruder meines Vaters war Schauspieler und wurde ein beliebter Radiosprecher, auch hier gab es Kontakt zur Sprechkultur.
Es wurde aber auch viel gesungen, und der Vater hat über längere Zeit zu Hause einen Chor geleitet, der Gershwin und Cole Porter Songs gesungen hat, die ich jeweils durch die Wände beim Einschlafen noch gehört habe.
Aber das Singen hatte es mir schon als kleines Mädchen angetan. Welche Wonne war es im Kindergartenalter im weihnächtlich verschneiten Wald aus voller Kehle ein Lied in die andächtige Stille erschallen zu lassen. Der erste öffentliche Auftritt erfolgte in der ersten Klasse als Maria im Krippenspiel. Mit Lorenz Keiser als Josef sangen wir je eine Strophe von „Joseph lieber Joseph mein“. Ich war sehr aufgeregt, aber die Eltern seien offenbar geschmolzen.
Als ich etwa 8 oder 9 Jahre alt war, bekamen wir in Salzburg Karten geschenkt für die Zauberflöte im Puppentheater. Das war meine erste Oper, ich wünschte mir darauf die Schallplatte und konnte das Stück bald auswendig. Im Gymnasium dann habe ich einige Jahre zwei bis drei Abende pro Woche im zweiten Rang der Oper in Zürich, aber auch in der Tonhalle verbracht und so noch ein paar andere Opern und viele Orchesterwerke internalisiert. Damals begann ich auch Oboe zu spielen, etwas später Gesangsunterricht zu nehmen.
Nach der Matura stellte sich die Frage, was ich studieren sollte, Musik oder Medizin. Da man neben der Medizin die Musik behalten kann, umgekehrt aber nicht, und weil ich ausserdem nie sehr gerne übte, habe ich mich für die Medizin entschieden. Im Praktikumsjahr hatte ich die Möglichkeit für zwei Monate auf die II.HNO Klinik in Wien zu gehen und habe das Fach Phoniatrie entdeckt, also eigentlich die Sängermedizin. Da kamen meine beiden Welten wieder zusammen und der Weg war klar.
Als ich etwas später auch noch einen Musiker heiratete, war mir diese zweite Welt definitiv sicher und sollte mich ständig und nahe begleiten. Meinem Mann und meinem Gesangslehrer, die mich mit erstaunlichem Vertrauen in meine Fähigkeiten und grosser Unerbittlichkeit förderten, hatte ich es dann auch zu verdanken, dass ich viele Konzerte singen konnte, die ich mir selber nie zugetraut hätte. So war es mir möglich, einerseits die absolute Glückseligkeit aber auch die tiefste Hölle einer Sängerin zu erleben, wie sie mir von so vielen Patienten und Patientinnen geschildert wird. Diese Erfahrungen helfen nebst medizinischem Wissen ganz entscheidend mit, wenn ein sängerisches Problem erfasst werden muss, und ich bin sehr dankbar für diese speziellen Kenntnisse.
Und nun bin ich schon viele Jahre in der Praxis, viele meiner Kollegen beginnen Golf zu spielen, warum nun noch ein SingStimmZentrum? Ganz einfach: Weil es Freude macht. Weil wir nun mit vereinten Kräften, aus dem Vollen schöpfend, mit vereintem Wissen, besser, zielgerichteter und schneller helfen können und dabei stets unser Handicap verbessern. Und glückliche Patienten machen uns glücklich.